Mittelstützen-Motiv


Mittelstützen-Motiv der Schlosskapelle

Auffallend an den drei Apsisfenstern ist, dass von innen gesehen drei Halbsäulen mittig vor diesen Fenstern stehen. Bei diesem überraschenden Anblick handelt es sich um ein einzigartiges, nur in Jülich erhaltenes Architekturmotiv der Renaissance: Pasqualinis Apsisarkade mit ihren Mittelstützen.

Die Apsiswand besteht aus zwei konzentrischen Kreisbögen, auf denen außen die drei Fensteröffnungen angeordnet sind, die zwischen vier Pfeilern positioniert sind. Ihnen gegenüber stehen innen jedoch vier Bögen mit 5 Halbsäulen. In dieser Anordnung schaut man sowohl von innen wie von außen in Bogenmitte gegen einen äußeren Pfeiler bzw. gegen eine Innensäule. Innere Halbsäulen und äußere Pfeiler bilden eine Art lichten doppelten Arkadengang.

Was mag der Sinn dieses speziellen Arkadenganges sein? Eine Interpretation ist die folgende. Die Schlosskapelle öffnet sind mit der Apsis in östliche Richtung. D.h. bei der Messe am Morgen fällt das Sonnenlicht von vorne in die Kapelle und blendet die Gläubigen auf der Empore. Diese Wirkung mag zur Zeit Pasqualinis umso größer gewesen sein, als von hinten kein weiteres Licht in die Kapelle fiel, denn die von Seiten des Schlosshofes vorgebauten Arkaden besaßen im Obergeschoss eine geschlossene Loggia. Betrachtet man die Außenpfeiler, stellt man fest, dass ihre Innenseiten schräg nach vorne zugespitzt verlaufen. Ebenso geformt sind die nach außen gerichteten Rückseiten der Innenpfeiler hinter den Halbsäulen. Im Ergebnis führt das dazu, dass einfallendes Sonnenlicht von den schrägen Rückseiten der Innenpfeiler seitwärts gestreut wird und anschließend von den Schrägen der Rückseite der Außenpfeiler wiederum seitlich, nun aber wieder in die Kapelle gelenkt wird. Damit gelangt das Sonnenlicht erst nach zweimaliger Streuung ins Innere der Kapelle und illuminiert dabei zudem indirekt die Apsis. Ansonsten tragen zur Beleuchtung des reichen Wanddekors nur noch die beiden großen seitlichen Fenster unmittelbar an der Chorwand bei. Sie erhöhen - bewusst gegenläufig - mit ihrem streifenden Lichteinfall die plastische Wirkung des Dekors dieser Wand.

Der Arkadenboden zwischen den Säulenpodesten fällt innen steil ab, vermutlich der optimalen Ausbeute indirekten Lichts wegen. Insgesamt erscheint das Arkadenkonzept auf maximalen indirekten Lichteinfall für eine effektvolle Inszenierung des Chorwand- und Apsis-Dekors optimiert.

Deren ohnehin plastische Wirkung inszenierte Pasqualini – malerisch in Nuancen von hell und dunkel, und nur durch seitlich einfallendes Streiflicht – absichtsvoll als renaissancezeitlich inspiriertes Bühnenbild.